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                   | Das rote Fort - Agra |  |  
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                  Das 
                  Rote Fort Mit dem Bau der etwa 2 km 
                  östlich, ebenfalls am Ufer der Yamuna gelegenen Festung hatten 
                  bereits Akbar und Jahangir begonnen. Im Jahre 1565 ersetzte 
                  Akbar ein altes, aus Ziegel gebautes Fort durch eine gewaltige 
                  Anlage, deren Bau acht Jahre in Anspruch nahm. Schutz sollte 
                  eine von zahlreichen Bastionen unterbrochene, in einem 
                  Halbkreis geführte 22 m hohe und 2,5 km lange Mauer mit einem 
                  vorgelagerten 9 m breiten Garben gewähren. Den nördlichen Teil 
                  des Forts nutzt nach wie vor das indische Militär, wodurch 
                  leider auch der Zugang zur Perlenmoschee (Moti Masjid) 
                  versperrt ist.
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                  | Shah Jahan ließ 
                        fast alle Gebäude seiner Vorgänger einreisen und durch 
                        neue, überwiegend mit Marmor verkleidete Bauten 
                        ersetzen. Wie im Roten Fort von Delhi reihen sich die 
                        Privatgemächter entlang der dem Fluß zugewandten Seite 
                        der Festung, und auch sonst weisen beide 
                        Befestigungsanlagen zahlreiche Parallelen auf. Der 
                        Zugang für die Besucher erfolgt heute durch das an der 
                        Südseite gelegene Amar Singh-Tor, das man nach 
                        Überqueren des Wassergrabens betritt. Seinen Namen hat 
                        es vom älteren Bruder des Maharajas von Jodhpur, der 
                        1644 nach einem Handgemenge anläßlich einer Audienz bei 
                        Shah Jahan zusammen mit seinen Gefolgsleuten erschlagen 
                        wurde. Eine lange Rampe fuhrt vom Torbau hinauf zu den 
                        Gebäudekomplexen. Man erreicht zunächst den von Arkaden 
                        umgebenen Hof der öffentlichen Audienzhalle 
                        (Diwan-i-Am). Das flache Gebäude (70 m x 25 m) ähnelt 
                        dem im Fort von Delhi und besteht wie dieses aus drei 
                        Schiffen und neun Jochen.  |  
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                  In die Ostwand ist eine erhöhte Nische 
                  mit drei Bögen eingelassen, in der der Herrscher sich den 
                  Würdenträger zeigte. Dieser Teil ist denn auch mit Marmor 
                  verkleidet und nicht wie der Rest des Baus mit poliertem 
                  Alabaster. Ein interessantes Detail sind die Baluster 
                  birnenförmige Säulen – in der unteren Hälften der 
                  Nischenwände. Shah Jahan hatte sie auf europäischen 
                  Illustrationen gesehen, wo sie gern als dekoratives Element 
                  bei der Darstellung von Herrschern und religiösen 
                  Würdenträgern genutzt wurden. Er interpretierte sie als 
                  Insignien der Macht und integrierte sie in die Architektur, um 
                  seinen uneingeschränkten Führungsanspruch zu dokumentieren. Durch silberne Geländer getrennt, versammelten sich in der 
                  Halle die Würdenträger, streng nach Rang geordnet. Die 
                  niedrigeren Chargen mußten mit den Botengängen in der rings um 
                  den Platz verlaufenden Galerie vorliebnehmen, wobei jeder 
                  Edelmann den ihm zugewiesenen abschnitt auf eigene Kosten zu 
                  gestalten hatte. Die Folge war eine lebhafte Konkurrenz unter 
                  den Gefolgsleuten, den eigenen Standplatz möglichst luxuriös 
                  mit Brokaten und Teppichen auszustatten. Den farbenprächtigen 
                  Anblick einer derartigen Hofversammlung hat uns der 
                  französische Arzt Francois Bernier beschrieben, der in der 
                  zweiten Hälfte des 17. Jh. in Delhi im Dienst des 
                  Mogulherrschers stand. Sogar die Frauen des Harems beteiligten 
                  sich, unsichtbar hinter Gittern verborgen, an den Debatten. 
                  Vor dem Diwan-i-Am liegt auf der Rasenfläche nahe der 
                  Südostecke das Grab des britischen Befehlshabers Colvin, der 
                  hier während des Aufstands von 1857 fiel.
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                  Östlich des Diwan-i-Am schließt sich der 
                  Machi Bhavan an, ein an drei Seiten von doppelstöckigen 
                  Bogengalerien umschlossener Hof. Das Zentrum der südlichen 
                  Front ist im oberen Stock als eine Art Pavillon gestaltet, in 
                  dem der goldene Thron des Herrschers seinen Platz gehabt haben 
                  soll. Auffallend auch hier die vier baluster-förmigen Säulen 
                  als Symbole unumschränkter Macht. Vom Machi Bhavan hat man 
                  Zugang zur kleinen, nur zwei Schiffe und drei Joche 
                  aufweisenden Naginamoschee, die dem Herrscher als 
                  Privatmoschee diente, vielleicht aber auch von seinen Frauen 
                  genutzt wurde. Einmal mehr unterstreichen Balustersäulen das 
                  königliche Privileg. Dies wird auch an dem gekrümmten Dach 
                  über dem Zentralbogen deutlich, das sonst nur noch in den 
                  Privatgemächern anzutreffen ist. Unterhalb der Moschee lag in 
                  einem kleinen abgeschlossenen Hof der Meena - Basar. Einmal im 
                  Jahr durften hier die sonst im Harem verborgen lebenden 
                  Hofdamen kleine Stände aufbauen und Markt spielen, wobei die 
                  Möglichkeit zu vorsichtigen Kontakten mit den männlichen 
                  Palastbewohnern den eigentlichen Reiz dieses karnevalartigen 
                  Vergnügens ausmachte. Bei einem derartigen Markt soll Jahangir 
                  die wunderschöne Mehrunissa kennengelernt haben, die später 
                  als Nur Jahan (Licht der Welt) großen Einfluß am Hof ausübte. 
                  An der Ostseite des Gevierts weitet sich das erste Stockwerk 
                  zu einer Plattform mit Blick auf den Fluß. Ein schwarzer 
                  Marmorblock markiert den Thron Jahangirs, versehen mit einer 
                  umlaufenden Inschrift aus dem Jahre 1603, die seine 
                  Thronbesteigung preist. Der Herrscher hat das Prunkstück aus 
                  Allahabad hierher bringen lassen, wo er sich in Opposition zu 
                  seinem Vater Akbar schon zwei Jahre vor dem Beginn seiner 
                  legitimen Regentschaft als Kaiser hatte ausrufen lassen.  
                  Im Norden wird die Plattform von den 
                  königlichen Bädern begrenzt, im Süden von der privaten 
                  Audienzhalle (Diwan-i-Khas). An den Ecken wird der 22 m lange 
                  und 11 m breite dreischiffige Hallenbau durch Doppelsäulen 
                  getragen. Die pietra dura-Arbeiten an den Säulenbasen sind von 
                  außergewöhnlicher Schönheit. Im Innern vergleicht eine 
                  persische Inschrift (1636) in schwarzem Stein den Raum mit den 
                  höchsten Himmeln und den Herrscher mit der Sonne am Firmament. 
                  Die Lobpreisung wurde früher noch mit einer in Silber und Gold 
                  verkleideten Decke unterstrichen, die das Licht in 
                  Strahlenbündeln reflektierte.
 Vom Diwan-i-Khas gelangt man in die Privatgemaecher des 
                  Mogulherrschers. Im Osten ragt der achteckige Turn Musamman 
                  Burj einer Bastion gleich aus der Festungsmauer hervor. Hier 
                  lagen die Privatgemaecher von Mumtaz Mahal. Ein Teil des 
                  davorliegenden Bodens wurde als Brett fuer das Pachisi-Spiel 
                  konzipiert, das faelschlicherweise of mit dem Schach in 
                  Verbindung gebracht wird, aber eher dem Backgammon aehnelt. 
                  Beachtenswert sind die sehr schoenen Einlegearbeiten, der 
                  exquisite Brunnen und die Marmorgitter. Von der umlaufenden 
                  Galerie hat man einen bezaubernden Blick ueber die Yamuna 
                  hindueber zum Taj Mahal. Hier laesst sich vielleicht 
                  nachempfinden, welche Gefuehle Shah Jahan bewegten, der hier 
                  von seinem Sohn Aurangzeb die letzten acht Jahre seines Lebens 
                  gefangengehalten wurde.
 
 Im Süden schließt sich ein 
                  weiterer Hof an, der Traubengarten (Anguri Bagh), zum Fluss 
                  hin von einer Plattform begrenzt, auf der im Zentrum das 
                  Privatgemach (Khas Mahal) des Herrschers lag. Der exquisit 
                  ausgeführte Marmorbau (23 m x 12 m), der sich zum Hof hin als 
                  offene auf Pfeilern ruhende Halle präsentiert, war Vorbild für 
                  den gleichnamigen Bau im Fort von Delhi. Die Wand zur Yamuna 
                  hin ist als durchbrochenes Gitter ausgeführt – Kühlung und 
                  Aussicht gleichermaßen. Der früher verwahrloste Garten wurde 
                  mittlerweile wieder hergerichtet und bildet mit seinen 
                  Blumenbeeten, den hochgelegen Marmorpassagen und dem zentralen 
                  Wasserbecken ein gelungenes Ensemble. Links und rechts wird 
                  der Khas Mahal von Gebäuden mit geschwungenen bengalischen 
                  Dächern flankiert, die mit vergoldeten Kupferplatten belegt 
                  sind. Von der Burestung des nördlichen Pavillons pflegte sich 
                  Shah Jahan jeden Morgen dem unterhalb der Mauern versammelten 
                  Volk zu präsentieren, wobei das von den goldenen Dächern 
                  reflektierte Licht ihn wie in einen Heiligenschein eingehüllt 
                  haben soll. Im südlichen Pavillon residierte Shah Jahans 
                  älteste und von ihm am meisten geliebte Tochter Jahan Ara, die 
                  nach dem Tode vom Mumtaz Mahal als Begum Sahib die 
                  Repraesentationspflichten am Hof übernahm.
 
                  Südlich des Anguri Bagh schließt sich 
                  ein weiterer Hofkomplex an, der den Namen Jahangirs Palast 
                  (Jahangiri Mahal) trägt und den Besucher mit einem völlig 
                  anderen Architekturstil überrascht. Der aus zwei Höfen (76 m x 
                  72 m) bestehende Mehrstöckige Komplex stammt nicht, wie der 
                  Name suggeriert, aus der Zeit Jahangirs, sondern wurde bereits 
                  von Akbar errichtet. Merkmale sind mit weissem Marmor 
                  aufgelockerte Sandsteinfassaden mit ausgeprägten Basreliefs. 
                  Durch den im Osten liegenden Haupteingang betritt man einen 
                  allseits geschlossenen Innenhof, der an der Süd – und 
                  Nordseite von Pfeilergestützten Hallen flankiert wird. 
                  Auffallend Sind die vielen reich verzierten Sandsteinkonsolen, 
                  die die vorspringenden Dächer tragen und die unechten Bögen in 
                  Hindutradition. 
 Man sollte nicht versäumen, einen 
                  Blick in die nördliche Halle zu werfen, wo Schräg geführte 
                  schlangenförmige Träger das breite Flachdach Stützen. Sie 
                  haben ihren Ursprung in der Jainarchitektur Gujarats, fanden 
                  später aber auch in Gwalior und sogar Bengalen Verwendung.
 
 Die an den Stutzen aus dem feinen Sandstein 
                  herausgearbeiteten, arabesk verschlungenen Pflanzenmotive sind 
                  hingegen persischen Ursprungs, ebenso die kielbogenförmigen 
                  Portalnischen, die im angrenzenden östlichen Hof den Zugang zu 
                  den Räumen bilden. Vor dem Palast steht ein riesiger 
                  Steinbehälter, den Jahangir zur Aufbewahrung von Reisspenden 
                  anläßlich des Ursfestes 1611 hat anfertigen lassen. Von hier 
                  aus sind es nur wenige Schritte bis zur breiten, zum Ausgang 
                  hinabfuehrenden Rampe.
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  DIE 
  FESTUNG VON AGRA (Lage , Geschichte & Architektur) 
  Babur, 
  der erste der Großmoguln, verließ seine Heimat in Zentralasien, drang nach 
  Indien vor und eroberte Agra, damals Hauptstadt der Lodi-Sultane. Hier 
  errichteten Babur und seine vier Nachfolger jene Bauwerke, die Jahr für Jahr 
  unzählige Schaulustige aus allen Teilen der Erde anziehen – vor allem 
  natürlich das legendäre Taj Mahal.
  
  Wer die Stilentwicklung chronologisch nachvollziehen 
  möchte, beginnt am besten mit Akbars Festung sowie mit einem Besuch seiner 
  zeitweiligen Hauptstadt Fatehpur Sikri. Ihren Höhepunkt erlebte die 
  indo-persische Architektur mit den herrlichen Marmorpalästen der Festung von 
  Agra und dem Taj Mahal. Akbars Grab in Sikandara markiert bereits den 
  Niedergang.
  
  Akbar, der größte der Großmoguln und eine der herausragendsten 
  Herrscherpersönlichkeiten seiner Zeit, begann 1565 – als er gerade 23 Jahre 
  alt war – mit dem Bau der majestätischen Festung aus rotem Sandstein. Sein 
  Großvater Babur war zu sehr damit beschäftigt gewesen, die Grenzen des neuen 
  Reichs zu verteidigen, und sein Vater Humayun wurde von selbstverschuldeten 
  Sorgen geplagt: Beide hatten keine Zeit, sich eines so ehrgeizigen Projekts 
  anzunehmen, zudem existierte bereits die mittelalterliche Rajputen-Festung 
  Badalgarh. Die alte Burg war 1504 von den Lodi-Sultanen eingenommen worden, 
  als sie Agra zur neuen Hauptstadt machten.
  
  Nach seiner Eroberung der Stadt (1526) verspürte Babur kein Bedürfnis, das 
  alte Fort weitläufig auszubauen. Es wurde zum Schauplatz üppiger Hofzeremonien 
  zentralasiatischen Stils. Die Miniaturen des Babur Name liefern ein 
  plastisches Bild von Baburs reichverzierten Sonnensegeln und mit dicken 
  Teppichen belegten Terrassen, obwohl sie erst 50 Jahre später unter Akbar 
  entstanden. Sowohl Babur als auch seine Tochter Gulbadan Begum hinterließen 
  mit ihren Memoiren lebendige Schilderungen höfischer Szenen mit Würdenträgern 
  aus Persien und Zentralasien sowie von den Zerstreuungen der Hofbeamten bei 
  Musik und Tanz.
  
  Badalgarh erfüllte seinen Zweck als Festung, Herrscherhof und Schatzlager 
  durchaus, doch Akbar genügte das nicht: Nach seinem Biographen Abu Fasl gab er 
  1565 Anweisung, ,,in Agra ein Gebäude zu errichten, das durch seine Position 
  das Zentrum Hindustans bildet, eine große Festung, die diese Position sowie 
  die Würde des Herrschers widerspiegelt“.
  
  Bereits drei Jahre zuvor hatte der 20 jährige Akbar durch seine kühne 
  Eroberungspolitik erreicht, daß er zum uneingeschränkten Herrscher über 
  Nordindien avancierte. Trotz seiner Jugend erkannte er aber auch, daß 
  militärische Macht allein ihm nicht die Herzen seiner Untertanen zufliegen 
  ließ. Er stellte sich deshalb der schwierigen Aufgabe, mit den strengen 
  Traditionen des Islam zu brechen, um eine Atmosphäre der Aussöhung zu 
  schaffen. Die diskriminierende Besteuerung der Hindus wurde abgeschafft. Akbar 
  unterzeichnete Eheverträge mit Prinzessinnen der königlichen Rajputen-Familien 
  und übertrug Militärränge auf besonders fähige Rajputen-Kommandeure. Seine 
  Politik war nicht ohne Hintergedanken, denn abgesehen von den Mewar erwiesen 
  sich alle solcherart ans Fürstenhaus gebundenen Rajputen als äußerst loyal.
  
  Agras Festung bildet die erste Manifestation des synkretistischen Geists, der 
  unter Akbar herrschte. Es begann damit, daß man den Raja des Nachbarstaats 
  Karaoli (einen Hindu) dazu nötigte, an der Grundsteinlegung teilzunehmen, denn 
  damals glaubte man die Burg auf diese Weise vor der Zerstörung durch den Fluß 
  zu bewahren. Tatsächlich drohte 450 Jahre lang keine Gefahr aus dieser Quelle. 
  Die Festung stellt Akbars erstes großes Architekturvorhaben in Hindustan dar – 
  kühn wie alle seine Pläne. In nur acht Jahren vollendeten rund 4000 Arbeiter 
  die massiven Mauern und eindrucksvollen Tore, dazu die meisten Bauten im 
  Innern (nach Abu Fasl etwa 500), alles aus Sandstein und im ,,erlesenen Stil 
  Bengalens und Gujarats“. Akbars Gemahlin aus dem Königsgeschlecht von Amber 
  (Jaipur) konnte ihre Bengali Mahal genannten Gemächer bereits vier Jahre nach 
  Baubeginn beziehen.
  
  Die Burgmauer blieb bis heute unverändert erhalten, doch das Innere der 
  Festung erfuhr unter allen Nachfolgern Akbars so starke Umstrukturierung, daß 
  Mauer und Inneres unabhängig voneinander betrachtet werden sollten. 
  Eindrucksvoll erhebt sich die Maueranlage vor dem Betrachter. Die roten 
  Sandstein-blöcke wurden so präzise aufeinandergesetzt, daß ,,nicht einmal eine 
  Haarspitze dazwischen Platz hätte“, wie Abu Fasl anschaulich berichtete. Auch 
  Monserrat, ein Jasuitenpriester. der zwei Jahre an Akbars Hof weilte, zeigte 
  sich beeindruckt: ,,Die Steine dieses Bauwerks wurden so sorgfältig 
  aufeinandergesetzt, daß man die Fugen kaum sehen kann, obwohl kein Mörtel 
  verwendet wurde. Auch die rote Farbe des Steins unterstützt
  diesen Eindruck solider Geschlossenheit.“ Die Mauern erreichen bis zu 21 Meter 
  Höhe bei einem Umfang von 2,4 Kilomatern – ihre exakte Dicke ist nicht 
  ermittelbar, da sie in einem Bett aus Mauerwerk und Füllmasse ruhen.
  
  Den Grundriß der Festung am Südufer des Yamuna hatte der Flußlauf bestimmt, 
  ihre 823 Meter lange Hauptachse verläuft parallel dazu. William Finch, der 
  Agra während der Regierung Jahangirs (Akbars Sohn) besuchte, bemerkte zum 
  Verlauf der Burgmauer, der ganze Komplex ,,liegt in Form eines Halbmonds da, 
  der sich landeinwärts ausbuchtet“. Vielleicht fragten sich die nüchtern 
  denkenden Kaufleute in London angesichts dieser Worte, ob ihr Handelsvertreter 
  dem Zauber des Orients erlegen sei.
  
  Als Finch sich in Agra aufhielt, hatte der Yamuna noch nichts von seiner 
  Breite eingebüßt, denn man legte noch keine Kanäle zur Bewässerung der kargen 
  Ebene im Norden an. Sein Verlauf entlang der Ostseite der Burgmauer bildete 
  nicht nur einen wichtigen Verteidigungsfaktor, sondern schuf zugleich eine 
  angemessene Umgebung zur Ergänzung des kaiserlichen Hofes.
  
  Über den Verbleib der alten Rajputen-Festung Badalgarh herrscht keine völlige 
  Klarheit. Ein massiver Bau, der 400 Jahre lang allen Angriffen durch Armeen 
  und Wetter standgehalten hat, kann sich nicht in Luft auflösen. Einen 
  entscheidenden Hinweis erhalten wir von Abu Fasl: ,,Es erging höchster Befehl, 
  daß das alte Fort durch eine unbezwingbare Festung zu ersetzen sei.“
  
  General Cunningham, der Generaldirektor des Archaeological Survey of India, 
  äußerte 1871 seine Überzeugung, der Grundriß der alten Pathanen Festung habe 
  sich mit Akbars Nachfolgebau gedeckt, davon abgewichen seien allenfalls ein 
  paar Tore der Außenbefestigung. Mit ,,Pathanen-Festung“ meinte er natürlich 
  Badalgarh, das die pathanischen (afghannischen) Lodis erobert hatten.
  
  Abu Fasl, Akbars übereifriger Biograph, schrieb mit dem üblichen Hang zur 
  Übertreibung, daß die mauern ,,mit vier Eingängen versehen wurden, deren Türen 
  sich nach allen vier Ecken der Welt öffneten“. Heute stehen nur noch zwei 
  dieser Tore offen. Der Haupteingang Amar Singh Gate trug ursprünglich den 
  treffenderen Namen Akbari-Tor. Hathipol, die Elefantenpforte im Nordwesten, 
  führt in die Stadt. Hier versammelten sich Akbars Untertanen, um Geschäft 
  abzuwickeln, denn es war der Sitz von Qazi (Richter der traditionellen 
  Rechtsordnung) und Wesir (Steuereintreiber). Nach Finch saßen sie jeden Morgen 
  drei Stunden lang dort und behandelten ,,alle Pacht- und Grund- und 
  Schuldbelange sowie Gesuche, Fermane etc.“.
  
  Das Nordtor führte zu einer Art Verfügungsdepot, und vom 
  Westtor überblickte man den Fluß. Darshani Gate (das Westtor) war Schauplatz 
  der öffentlichen Audienzen des Herrschers, da das Volk die Festung nicht 
  betreten durfte. Finch schreibt zu dieser Pforte, sie führte ,,in einen hellen 
  Hof der sich entlang des Ufers erstreckte. Hier begrüßt der König 
  allmorgendlich den Sonnenaufgang, ehe sich seine Edelleute zum tessilam (tiefe 
  Verbeugung) versammeln.“ Das tessilam entwickelte sich zu einer so 
  festgefügten Einrichtung, daß manch einer nicht einmal frühstückte oder sich 
  wusch, bevor er den Herrscher begrüßte.
  
  Auch Darshani Gate hatte noch einen anderen Zweck. Akbar, der als junger Mann 
  nicht davor zurückschreckte, sich auf den wildesten Elefanten zu schwingen, 
  beobachtete von hier aus Elefantenkämpfe. Sein Sohn Jahangir ergab sich später 
  dem zweifelhaften Vergnügen, Tierkämpfen aller Art beizuwohnen. Finch 
  berichtet weiter, daß einmal wöchentlich ,,ein Tag des Blutvergießens 
  stattfindet, wenn der König zu Gericht sitzt und neben den Tierkämpfen auch 
  den Exekutionen zusieht.“
  
  Nur weniges blieb vom Architektur -und Dekorationsstil jener überaus Form 
  prägenden und übersprudelnd kreativen Zeit erhalten. Unter den beiden 
  nachfolgenden Großmoguln erfuhren die Palastbauten so umfangreiche 
  Veränderungen, daß sie sich zu einem wahren Schaufenster künstlerischer 
  Formfindung entwickelten. Den Anfang machte Akbars Verbindung hinduistischer 
  und moslemischer Traditionen, dann kam Jahangirs poetisches Zwischenspiel, und 
  schließlich erblühte das indo-persische Formen-vokabular unter Shahjahan.
  
  Abgesehen vom Jahangiri Mahal, das dem Hauptportal zugewandt ist, blieb von 
  den 500 unter Akbar entstandenen Bauten nichts erhalten. Nur wenige Ruinen 
  erinnern noch an seinen eigenen Palast, der den Fiuß überblickte. Im Bengali 
  Mahal bilden Elemente aus der Zeit Akbars eine harmonische Einheit mit den 
  unter Jahangir sparsam zugesetzten Marmorverzierungen. Die Innenräume sollen 
  nach dem Vorbild des Man Mandir-Palastes in Gwalior entstanden sein und wurden 
  möglicherweise auch von denselben Handwerkern ausgeführt. Deren meisterliche 
  Steinmetzkunst wurde nur noch an dem Anup Talao zugewandten Pavillon in 
  Fatehpur Sikri übertroffen. Blumenmuster und Arabesken entstanden in einer 
  Feinheit, wie sie sonst nur anausgesuchten Holzschnitzereien zu beobachten 
  ist.
  
  
  Vor der Amar Singh Gate führt eine Rampe zum 
  Chihl Satun, einem Pavillon mit 40 erlesen geformten Säulen, deren Oberfläche 
  mit einer Mischung aus Kalk, Eierschalen und Harz geglättet wurde. Es war der 
  Diwan-i-Am oder die Halle der öffentlichen Audienz mit dem jarokha 
  (Fensterthron), von dem aus der Kaiser Hof hielt. Hier kann man die 
  Einlegearbeiten aus Marmor und Halbedelsteinen bewundern, die Shahjahan so 
  verschwenderisch im Raum zwischen jarokha und den Burgzinnen oberhalb des 
  Flusses andringen ließ.
  
  Mullah Abdul Hamid Lahori, Autor der Badshah Nama, fand eine Erklärung für 
  Shahjahans Ehrgeiz, seine Vorfahren zu übertreffen: ,,Während dieser nie 
  endenden Herrschaft sind die Forderungen an die Künste anderer Art, und die 
  göttliche Fürsorge nahm eine neue Form zur Verzierung der Welt an; das Alte 
  wurde durch den Bau bis in den Himmel reichender Marmorpaläste ersetzt.“ In 
  der Tat unterschied sich der neue Stil von Akbars Eklektizismus, der sich aus 
  dem indischen Formenkanon gebildet hatte, und der von regionalen 
  Kunsthandwerkern perfektioniert wurde.
  
  Hinter dem jarokha führt eine schmale Treppe zum Hof des Macchi Bhawan. Geht 
  man weiter Richtung Süden, findet man den Diwan-i-Khas (wo Privataudienzen 
  abgehalten wurden) mit seinen wunderschönen Doppelsäulen. An der Südwand 
  beginnt eine Inschrift mit folgenden Worten.
  
  Der Bau dieses herrlich erhabenen Palastes hat Akbarabad in den Arsh (neunten 
  Himmel) erhoben. Es fällt nicht schwer, diesen Anspruch nachzuvollziehen. 
  Diese Worten machen aber auch schon deutlich, daß man Agra nach seinem Tod als 
  die Stadt Akbars betrachtete.
  
  Hinter dem Diwan-i-Khas ließ Shahjahan eine Reihe von Marmorpalästen und 
  Pavillons errichten – einer schöner als der andere. Den Höhepunkt bildet 
  jedoch die königliche Wohnung Daulatkhana-i-Khas mit dem Tambi Khana genannten 
  Salon. Dahinter erhebt sich der Jasminturm, von wo aus Shahjahan zu seiner 
  großartigsten Schöpfung, dem Taj Mahal, hinüberblicken konnte. Etwas weiter 
  entfernt residiert Jahanara, die Tochter des Herrschers, im Khas Mahal mit den 
  daran angeschlossenen Angoori Bagh oder Traubengärten, die eine farbenfrohe 
  Abweschslung zum allgegenwärtigen Marmor boten.
  
  Die königlichen Bäder, Hammam genannt, schilderte der Historiker Mullah Abdul 
  Hamid Lahori als einen oberhalb des Flusses gelegenen Gebäudekomplex. Die 
  Bäder fielen britischen Plünderern zum Opfer, die wertvollsten 
  Marmorschöpfungen erhielt ihr Prinzregent. Zum Hammam hat man heute leider 
  keinen Zutritt mehr, dafür bezaubert der Shish Mahal oder Palast der Spiegel 
  um so mehr die Besucher.
  
  Zum Besichtigungsprogramm gehören auch zwei Moscheen. Aurangzeb ließ für die 
  Damen seines Palasts die Nagina Masjid an den Macchi Bhawan anbauen. Shahjahan 
  betete in seiner versteckt liegenden Perlmoschee oder Moti Masjid. Perlmoschee 
  nannte man traditionell den aus weißem Marmor errichteten Gebetsraum des 
  Herrschers und seiner Familie. Auch in Delhi und Lahore gibt es Perlmoscheen, 
  doch die Moti Masjid von Agra sticht sie an Ausgewogenheit und Klarheit der 
  Linienführung aus. Die Haremsdamen beteten in Seitenräumen, die hinter 
  Marmorgittern versteckt lagen. Als die Moschee im Jahr 1653 nach 
  siebenjähriger Bauzeit vollendet wurde, reiste Shahjahan eigens mit einem 
  Schiff aus Delhi an, um hier zu beten. Es sollte das letzte Bauwerk sein, das 
  er in Agra errichten ließ.
  
  Trotz aller Eleganz und Schönheit der vielen Ergänzungsbauten Shahjahans 
  beherrscht nach wie von Akbars Geist die Festung von Agra: sein Gespür für 
  Macht und seine angestrebte Verbindung zweier Kulturformen. Was diesen Geist 
  betrifft, bleibt das Rote Fort von Akbarabad in Indien konkurrenzlos.
  
  
            
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