| Das Shekhawati-Gebiet
 Shekhavati, die nordwestliche Einflusssphäre des Maharajas von Jaipur, 
      umfasst eine recht kleine, jenseits der Arvallikette gelegene Region, die 
      heute von den Distrikten Churu, Jhunjhunu und Sikar eingenommen wird. 
      Ihren Namen hat sie vom Rajputenfürsten Rao Chekha, der, wie die Maharajas 
      von Jaipur, dem Clan der Kachhawah angehörte. Im 15. Jh. hatte er einen 
      beträchtlichen Teil dieses Gebiets unter seine Kontrolle gebracht und sich 
      auch von Amber losgesagt, dem der Clan bis dahin tributpflichtig war.
 
 Geschichte
 In dem trotz seiner Trockenheit dicht besiedelten Landstrick entwickelten 
      sich im Laufe der Jahrhunderte etliche kleine, von Jaipur abhängige 
      Fürstentümer, deren Paläste heute zum Teil in reizvolle Hotels umgebaut 
      wurden. Aber nicht sie allein bilden den Anziehungspunkt dieser ländlichen 
      Gegend abseits des Trubels der Grossstädte, es sind die bemalten 
      Kaufamannshäuser, die Havelis, die den Besuch zum Erlebnis werden lassen. 
      An den großen, aus dem Nordwesten kommenden Karawanenrouten gelegen, 
      konzentrierte sich in Shekhawati seit früher Zeit der Handel. Waren aus 
      Lahore und Peshawar (die heute zu Pakistan gehören) wurden hier ebenso 
      umgeschlagen wie Güter auf dem Weg von Gujarat nach Delhi. Gehandelt wurden 
      Stoffe, Tabak, Edelmetalle, Opium, Schmuck, Papier und Elfenbein, aber 
      auch Eisenerz Weizen, Reis und Trockenobst.
 
 Dass sich gerade Shekhawati zu einem Handelszentrum entwickelte, lag nicht 
      nur am hervorragend organisierten Verkehrswesen, sondern auch daran, dass 
      die Fürstentümer Bikaner im Nordwesten und Jaipur im Süden zu Beginn des 
      19. Jh. Hohe Zölle für den Warentransit verlangten, um ihre Staatskassen 
      zu füllen und so die Karawanen zu Umwegen durch das zollfreie Gebiet 
      zwangen. Man unterschied Karawanen für Handel, Viehtrieb und 
      Personenbeförderung. Auch eine Versicherung der Waren gegen Diebstahl und 
      Beschädigung war nicht unbekannt, wobei die Versicherungsagenten für 
      bewaffneten Schutz sorgten. Als die Briten durch den Ausbau der Häfen 
      Bombay und Calcutta (jetzt Kolkatta) neue ökonomische Zentren schufen, 
      erkannten die Kaufleute von Shekawati schnell die sich für sie ergebenden 
      Chancen und verlegten ab 1820 ihr Tätigkeitsfeld zunehmend in die neuen 
      Metropolen wirtschaftlicher Macht.
 
 Die Häuser der marwarischen Kaufleute, die Havelis, waren ganz auf diesen 
      Warenverkehr und – Umschlag ausgerichtet. Sie sind den in der islamischen 
      Welt üblichen Fonduks verwandt, die als Warenlager und Wohnhaus dienten. 
      Ein (gut verschließbares) hohes Tor, das auch beladene Kamele passieren 
      Können, führt in einen allseitig von mehrstöckigen Gebäudeflügeln 
      umschlossenen Äußeren Hof. Hier lagen der oftmals besonders prachtvoll 
      ausgeschmückte Empfangs Raum (Baithak), in dem der Hausherr seine Gäste 
      empfing, aber auch die Quartiere für die Männer und Lagerräume. Kleine 
      Türen führten in den zweiten privaten Hof des Haveli, wo sich das 
      häusliche Leben abspielte. Nur durch ein kleines Fenster in der 
      Verbindungswand zwischen den Höfen konnten die Frauen einen Blick auf das 
      Geschehen im vorderen Hof werfen. In den Obergeschossen lagen die 
      Wohnräume des Handelsherren und seiner Familienmitglieder.
 
 Die frühesten Havelis entstanden im 18. Jh. Aus Lehm, da Stein in der 
      wüstenhaften Region in jener Zeit nur schwer zu beschaffen war Die meisten 
      der heute noch erhaltenen Handelshäuser stammen allerdings erst aus dem 
      19. Jh., als die Kaufleute begannen, ihren Reichtum durch Künstlerische 
      Ausgestaltung der Havelis nach Außen hin zu dokumentieren. Dass sie dabei 
      nicht den verfeinerten höfischen Stil zu imitieren versuchten, sondern 
      ihren persönlichen Geschmack ganz unverblümt zur Schau stellten, macht den 
      besonderen Reiz dieser Volkskunst am Bau aus.
 
 Vor allem in der Bemalung ihrer Handelshäuser versuchten sich die 
      Kaufleute gegenseitig zu übertrumpfen, wobei sie neben traditionellen 
      indischen Motiven aus dem religiösen, historischen und Folkloristischen 
      Bereich auch Symbole des technischen Fortschritts wählten. Autos, 
      Eisenbahnen und Flugzeuge verbinden sich mit Ganesh, Krishna und den Gopis 
      zu einem einzigartigen Bilderbuch indischer Kultur an der Schwelle zur 
      Neuzeit. Aus der häufigen Abbildung britischer Offiziere und Truppen lässt 
      sich auf ein recht gutes Verhältnis schließen, begründet im militärischen 
      Schutz der empfindlichen Handelswege. Die Kaufleute machten keinen Hehl 
      daraus, dass sie Nutznießer der Fremdherrschaft waren.
 
 Die schönsten Malereien findet man im nördlichen Shekhawati, insbesondere 
      in Mandawa, Fatehpur, Bassau und Jhunjhunu. Zunächst kamen Pflanzenfarben 
      zur Anwendung, die auf den noch feuchten Putz aufgetragen wurden, später 
      auch synthetische Farben. Am einfachsten und bequemsten lassen sich die 
      Sehenswürdigkeiten Shekhavatis auf einer zweitägigen Rundfahrt besuchen, 
      wobei sich ausgezeichnete Übernachtungsmöglichkeiten in einigen der 
      Palastanlagen ergeben, allen voran in Mandawa. Anzumerken ist jedoch, dass 
      viele havellis geschlossen sind, Andere sich noch in Privatbesitz 
      befinden, so dass man vor dem Betreten des Innenhofes um Erlaubnis bitten 
      muss.
 
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